22.09.2020

 

 

 

Es geht weiter voran. Vielleicht haben wir heute sogar ein mögliches Ende geschrieben.

„Ihr bleibt die Luft weg. Der Hals schwillt an und sie spürt ihre Kehle. „Immerhin spüre ich noch etwas“, denkt sie. „Ich muss den Berg finden. Den grünen Berg mit dem Gras und den Blumen.“, denkt sie. „Doch wohin? In welche Richtung?“ Sie möchte einfach nur laufen, einfach immer nur weiter laufen. Sich endlich wieder frei fühlen. Entschlossen geht sie los, rennt durch die Dunkelheit. Ihre Beine sind schwer, ihre Füsse schmerzen. Sie stolpert über einen stinkenden Guly, aber sie läuft einfach weiter. Bäume, Wiesen, das Krankenhaus. Kurz muss Lore an Feline denken: „Hoffentlich ist ihr nichts Schlimmes…“  Von weitem sieht sie den Berg. Aber ist es ihr Berg? Mit all dem Gras, den Blumen und dem weiten Himmel? „Ich muss es wissen“, denkt sie und läuft voller Euphorie los. „Es ist nicht mehr weit, jetzt bloss nicht schlapp machen!“ Sie läuft schneller und schneller zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch dem Gipfel entgegen. Ausser Puste kommt sie oben an. Eine weite Lichtung öffnet sich. Am Himmel ein heller Mond. So weit das Auge reicht Felder, Wiesen, Wälder. „Leere. Endlich Leere“, denkt sie.  Doch Booooom!  „Was ist das?!“ Lore sieht sich selbst im grünen Gras liegen. Sieht sich mitten in den Blumen regungslos daliegen. „Ist das mein Sterbeort?“, schiesst ihr durch den Kopf. „Ich wollte meinen letzten Atemzug doch woanders haben.“ Die aufgehende Sonne wirft ein helles Licht über alles. In der Ferne glitzert der See. „Nein“, denkt Lore. „Ich kann doch jetzt nicht einfach sterben.“ Sie spürt, wie ihr Füsse mit dem weichen Boden und dem Gras verschmelzen. Ihre Finger werden länger und länger und wabern, schlaffen ab wie viel zu lang gekochte Spaghetti. Ihr ganzer Körper schmerzt, schmilzt zu einem dreiköpfigen, achtarmigen Wesen zusammen. Nicht einmal mehr ein Hilfe kommt aus ihr heraus, nur ein lautes Kreischen. Der Boden unter ihr gibt nach. Sie fällt und fällt und fällt ins Nichts.“

 

 

Schulhausroman Potsdam, Kleistschule – Schule des Zweiten Bildungsweges, Klasse 10/T1
Schreibcoach: Andreas Sauter